Donnerstag, 25. Dezember 2008

Das Spielejahr 2008 Die Spiele

Das Spielejahr 2008 neigt sich dem Ende zu. Und da Klischees ja ab und an etwas Schönes sind, gönnen wir uns ohne schlechtes Gewissen einen Rückblick unter dem einen oder anderen Aspekt. Heute geht es um die Spiele des Jahres 2008 und was sie uns gebracht haben. Was war Top, was war Flop? Wohin ging die Entwicklung? Gab es endlich frischen Wind oder nur das alljährliche Recycling? Was hat uns Spaß gemacht, was nicht? Was hat uns enttäuscht? Und wohin bewegt sich das Unterhaltungsprodukt Videospiel?

Erfreulich: Es gab durchaus Tendenzen, mal etwas aus den eingefahrenen Gleisen auszubrechen. Wer hätte schon gedacht, dass EA uns mit einem verdammt guten Horrortitel eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken jagt? Dass uns Ubisoft, statt uns zum hundertsten Mal in den Zweiten Weltkrieg ziehen zu lassen, einen Trip nach Afrika spendiert? Dass ein serbischer Einwanderer mit deutlich kriminellen Tendenzen so eine verdammt coole Sau ist? Oder dass Entwickler endlich mal bemerken, dass der Mehrspielerhorizont weiter gesteckt werden kann als nur auf DM, TDM oder CTF. Oder dass FIFA wirklich mal ernsthaft an der spielerischen Vormachtstellung von PES rüttelt?

Megakracher und Megaluschen

Überzeugende Titel gab es fast in jedem Bereich. Crysis Warhead als Grafikbombast für Spieler mit kräftigen Rechnern. Far Cry 2 als Open-World-Vorzeigespiel mit Feuerfaktor. Prince of Persia mit künstlerischem Anspruch. Resistance 2 mit gnadenlos gutem Multiplayer. Little Big Planet mit Sackgesicht und Kreativität. GTA 4 mit der authentischsten Spielwelt überhaupt. Mirror's Edge mit erfrischend neuem Jump'n'Run-Konzept. Fallout 3 mit dem Revival des postnuklearen Alptraums. EA Sports mit Frischzellenkur im Konsolenbereich. Und als Dreingabe: eine wahre Schwemme von Musiktiteln à la Rock Band 2 oder Guitar Hero World Tour - für die Deutschland aber augenscheinlich noch nicht reif genug ist. Oder zu ernst. Man kennt unser heimisches Völkchen ja.


Die obligatorischen Flops machten ebenso die Runde. Wie schon alle geahnt hatten, entwickelt sich das Add-on zu Gothic 3 wohl zum größten Reinfall. Geschaffen von einer indischen Auftragsbude, die beim Begriff Gothic" wohl noch an den Baustil denkt. Seelenlos und tatsächlich noch verwanzter als das Hauptspiel. Was gab's noch? Ach ja, Eva Cash ... furchtbar. Oder der Ostblock-Retorten-Shooter Stalin Subway 2 - ich höre immer noch die Schmerzensschreie von Dennis, als er es testen musste. Und die obligatorisch gruseligen Spiel-zum-Film-Machwerke, mit wenigen Ausnahmen.


Der neue Mut zum Risiko?

Hier und da erkennt man jedoch tatsächlich wieder etwas Mut zum Risiko, selbst bei den als Sequel-Schlampen" bekannten Publishern. Die Fließbandabteilung der Entwicklerstudios kam allerdings dennoch nicht zum Stillstand. Immerhin gibt es das breite Massenpublikum, das weiterhin nichts an billigen Filmumsetzungen auszusetzen hat und Need for Speed: Undercover für die Erfüllung aller Rennspielerträume hält. Und auch wenn eingefleischte Zocker und Kritiker jedes Mal die Hände überm Kopf zusammenschlagen: ohne sich gut verkaufende Mainstream-Titel wäre der Markt wohl entweder immer noch auf dem Stand von 1990 oder längst zusammengebrochen. Ein Publisher wie EA macht sein Geld nicht mit originellen Titeln wie Mirror's Edge oder Dead Space, sondern mit Serientiteln wie Need for Speed oder Madden NFL, ohne die unsere Erstgenannten wohl niemals das Licht der Welt erblickt hätten.


Unser liebstes Hobby prägte natürlich weiterhin auf verschiedenste Weise die Schlagzeilen, nicht zuletzt durch den vor allem durch World of WarCraft verschrienen Suchtfaktor. Muss wohl was dran sein, immerhin knackte Blizzard 2008 die Elf-Millionen-Spieler-Marke. Ganz im Gegensatz zu anderen MMOG-Projekten, bei denen das Sterben munter im Gange war. Herr der Ringe Online fristet weiter sein Dasein im Schattenreich, Tabula Rasa gab gänzlich den Löffel ab, Age of Conan floppte nach gutem Start und ringt um sein barbarisches Leben. Wenn viele sich streiten, freut sich ein anderer: Warhammer Online startete solide und hat gute Zukunftschancen, wenn auch nicht als Thronfolger von WoW.

Ein ganz besonderes Fleckchen Erde

Und auch wenn es die eingefleischten PC-Zocker nicht gern hören: Die Konsolen marschieren weiter, mittlerweile erscheint nahezu jeder Blockbuster nicht mehr nur auf PC, sondern mindestens noch auf einer Next-Gen-Konsole. Manchmal sogar weit früher als die PC-Version. Doch auch der Konsolentrend ist hier zu Lande noch nicht so ganz angekommen. Während in den USA die Konsolen längst die Spitze übernommen haben, bleibt Deutschland bis auf weiteres PC-Paradies. Bis auf einige wenige Exklusivtitel taucht mittlerweile fast jedes Spiel auf mindestens zwei Plattformen auf. Der Trend setzte sich 2008 fort, zumal die Konsolen immer mehr zur Leitplattform bei der Entwicklung werden, was den PC-Spielern einige Probleme einbrockt - man denke an das aktuelle GTA-4-Debakel.


Wo wir beim Thema sind: Deutschland ist weiterhin PC-Land, Deutschland ist (den Verkaufszahlen nach) immer noch nicht fremdschämtauglich genug für Rock Band und Guitar Hero, aber weiterhin schamlos genug für Singstar-Geröhre in voller Lautstärke. Und es ist weiterhin das Land, in dem die berüchtigte Killerspiel"-Diskussion nebst Verbotsforderungen und Anprangerung von Schweinefirmen" die wildesten Blüten treibt. Trotz Beckstein-Rücktritt und CSU-Wahlpleite. Trotz der strengsten Jugendschutzgesetze weltweit. Traurig, aber wahr: Daran wird sich wohl so schnell nichts ändern dank der medialen Ausrichtung der Boulevardblätter und öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten. Wen scheren schon Little Big Planet oder LocoRoco, wenn man potentielle elfjährige Massenmörder vor Counter-Strike und Konsorten anprangern kann. Der Weg zum Kulturgut Videospiel ist noch weit.quelle:gamefox.de


Keine Kommentare: